Monday, November 24, 2008

Barack in Harlem

nicht etwa Shakespeare (wie bei Langston Hughes) oder gar Rap Musik oder Gospel Gesänge. Nein, Barack's Stimme hallt klar und deutlich durch die Straßen Harlems, zum tausendsten Mal stellt er soeben seinen Vize-Präsidenten vor und verspricht den zu Tränen gerührten Hoffnungsträgern die ersehnten Veränderungen. Unermüdlich spielen die CDs der Straßenverkäufer des Viertels und verkündet der Auserkohrene die frohe Botschaft den zelebrierenden Massen .Gleich daneben Anstecker, Bilder, Kalender, Poster, Jacken, Mützen, Caps, T-Shirts. Harlem feiert die Tradition seiner größten Persönlichkeiten, aus dem umjubelten Gespann aus Malcolm X und Martin Luther King ist nun ein Trio geworden. The Land of the Great verkündet ein T-Shirt, darunter die Abbilder der Symbole schwarzen Selbstbewusstseins: Malcom, Martin, Barack. Fast einen Monat nach der Wahl ist die Begeisterung noch immer nicht abgeklungen und man kann es auf der Straße spüren.
Der Beginn der Revolution, der Bürgerrechtsbewegung liegt nun schon fast 90 Jahre zurück, und ist nur viel schwieriger auffindbar. Die Harlem Renaissance ist fast spurlos verschwunden, in einigen Archiven und Bibliotheken, dem Stadtmuseum findet der Suchende vielleicht Informationen. Aber aus den Buchläden der Stadt ist die Renaissance fast verschwunden, leider. Heutzutage ist die Begeisterung größer für Basketballspieler (wie Barack) als für Literaten, die Läden tragen Namen wie "Dr Jay's", Theater sind nach Magic Johnson benannt.
Selbiger war auf Tour sein eigenes Buch zu signieren, hat wohl aber von meinem Kommen nichts gewusst und ließ daher die Chance, mich zu treffen, ungenutzt und verschwand bevor ich den Laden betreten konnte zurüch nach Manhattan um am Madison Square Garden Autogramme zu geben. Schade eigentlich.
Weiterhin Schade war, dass die frühzeitige Dämmerung und die Scheißkälte meinen Erkundungstrip durch Harlem ordentlich abkürzten und die zwei mich begleitenden Damen sowieso lieber in Manhattan unterwegs sein wollten. Manhattan, grelle Kulturhölle der Reichen und >Ärmsten, überteuerter Jazzclubs, Getränkekarten ohne Preisauskünfte (der feine Kunde fragt nicht), Lobster Ravioli für nicht-hungrige (gemessen an Prtionsgröße) und entäuschter Blicke von Kellnern die einem selbst noch den Parmesan auf den Teller streuen wollen, das Publikum ist es wohl nicht anders gewohnt. Massen von Taxis wälzen sich durch deine Straßen, hupen und dröhnen vor sich hin, in Mäntel gekleidete Menschenherden quälen sich durch die windigen Häuserschluchten, geblendet von der Reklame, den Bildschirmen des Konsums, den frierenden Penner unter einem Gerüst in Zeitung und Schlafsäcke gehüllt schlafend, ignorierend. Manhattan, Symbol der Neuen Welt oder für mich -ihres Scheiterns. Von allen die noch nicht das Glück hatten dagewesen zu sein, angehimmelt und in glänzenden Bildern vorgestellt, als etwas großartiges ersponnen, bist du doch nur eine Stadt wie jede andere, nur größer, lauter, teurer, kälter, bunter und schmutziger. Die Stadt ist hart zu den Menschen, nach zwei Tagen ist man müde, die Sinne überreizt, der Geldbeutel leer, die Speicherkarte der Kamera voll mit schlewchten Bildern, verwackelten Nachtaufnahmen, Wolkenkratzern die nur zur Hälfte im Bild sind, Fremden die einem vor die Linse rennen etc. Was bleibt ist die Erfahrung, wiedermal. Und die schon langsam schaal klingenden Ermahnungen an einen selbst. "Beim nächsten mal machst du's anders. Bessere Planung, striktes Sparen."
Zurück geht's ins wohl vertraute, kleine Boston mit seiner Überschaubarkeit, dem kalkulierbaren Leben. Kontrolle, Sicherheit. Wissen woran man ist. All dies Vermisst Karen, die von Boston zurück nach New York zog, ihr fehlt diese Gewissheit nach dem harten Wochenende wieder in die Normalität entlassen werden zu können. Für sie ist das Chaos Alltag und irgendwann gewöhnt man sich wohl auch daran.


Blick aus dem Fenster der Bibliothek über den Charles und die überschaubare Skyline, eigentlich ganz inspirierend, denn man kann sich einreden das ganze zwanghafte Lesen wird irgendwann mal zu einem Job führen, villeicht ja irgendwo da im Hintergrund, nahe der kleinen goldenen Kuppel, dem Statehouse -wo eben die ganzen Geldverdiener sitzen...

Bis dahin sieht mein Büro erstmal so aus...weniger inspirierend.

Wiedersehen mit Jeronimo, Willkommen in Boston, Yoko.

Alltag in der Großstadthölle, die niemals schläft, sie kennt keine Nacht und keinen Feierabend.


Mein bester Freund der Ampelmann, und Kelly in einem kleinen Straßencafe um 22 Uhr. Der tagehelle Hintergrund stammt von den gleißenden Reklamebildschirmen am Times Square.

Blick auf Up- und Midtown Manhatten von New Jersey aus

Empire State und Midtown Manhattan, die Färbung des Bildes spieglt die Kälte am Sonntagmorgen wieder -oder den New York City Blues der mir jedesmal die Stimmung verdirbt.
Bis zum nächsten Mal, New York, ich bin noch nicht fertig mit dir.

Peace
K

Monday, November 17, 2008

Biberjagd in Ipswich (nun ohne ie)

ist eine feine Sache, zumal die Jagd in dem geschützen Areal natürlich auf das erhaschen eines Bildes der vielen nur aus Trickfilmen bekannten Nagetiere beschränkt war. Um diesem Eintrag jede unverdiente Spannung zu nehmen sei gleich hier am Anfang verkündet, dass ich keinen Bieber gesehen habe. Und daher gibts auch keine Bilder von den seltenen Pelzlieferanten.
Trotz allem war der spätherbstliche Ausflug in die kleine Naturschutzanlage eine Stunde nördlich von Bosten die Anfahrt wert und bot Gelegenheit dem Stadtleben zumindest für kurze Zeit den Rücken zu kehren. Der ursprünglich der Begutachtung des berühmten Indian Summer in New England gewidmete Ausflug wurde aufgrund der doch schon fortgeschrittenen Jahreszeit den Erwartungen nicht mehr wirklich gerecht, da eben doch auch hier die meisten Laubbäume bereits kahl sind. Dafür bot die von einer Naturschutzgesellschaft gehütete Anlage die Gelegenheit die Nordamerikanische Natur ein wenig besser kennen zu lernen, verschlungene Pfade führten durch die Wälder und über lange Holzstege und Brücken ging es durch sumpfige Marschlandschaften entlang von Wasserläufen und Seen, dem Heimatgebiet der zumindest an diesem Tag unsichtbaren Biber.
Hauptaugenmerk der Anlage schien die Erhaltung natürlicher Vogelsbestände zu sein, und so kam es, dass wir die meiste Zeit von teilweise an die Besucher gewöhnten Vögeln begleitet wurden, die einem mit etwas Geduld in ihrer Zutraulichkeit doch glatt aus der Hand fraßen. Trotz wolkenüberhangenem Himmel zeigten sich jedoch einige andere Waldbewohner, unter anderem Blue Jays, Chipmunks, die hier deutlich größeren Rehe (Hirsche?) und eine Vielzahl kleiner Vogelarten.
Zu verdanken ist die Planung der "Wanderung" den redaktion des Boston Globe, die ihren Lesern ständig neue Wander-, Ausflugs- und Wochenendtipps mit auf den Weg gibt. Da das Interesse nun einmal geweckt ist, steht weiteren Ausflügen in die "Wildnis" der zahlreichen Schutzgebiete entlang der Küste von Massachusetts eigentlich nichts mehr im Weg, zu entdecken gibts es auf jeden Fall noch viel.
Laubfärbung in Ipswich, MA

Eindeutige Biberspuren
Piepmatzfütterung im Sumpfland
Glücklicherweise hat Jennifer immer Nüsse und Mandeln einstecken
"Aussichtsturm über See mit Vogel auf nackter Hand"Hölzerne Stege fühen vorbei an Biberdämmen und der rauhen, teilweise kahlen Seenlandschaft und den letzten romantischen Farbtupfern des ausklingenden Herbstes

Wednesday, November 12, 2008

Barack

ist nun doch endlich President-elect der Vereinigten Staaten, und insofern er nicht vorher von Anhängern des modernen Ku Klux Klan erschossen wird, könnte sich tatsächlich einiges auf dieser Welt zum besseren wenden. Das diese heimlich Befürchtung nicht völlig abwegig ist untermauert ein heutiger Bericht aus dem Boston Globe (der Einfachheit halber einfach im Text nach Obama suchen).
Die Wahlnacht ist nun eine Woche her, und es ist an der Zeit einmal ein wenig über die Signifikanz des hier als historisch gefeierten Ereignisses nachzudenken.
Nach nun annähernd 8 Jahren unter dem auch hierzulande unbeliebten 2. Bush schien das ganze Land wie befreit gegen 1100 abends am 4. November aufzuatmen, als klar wurde, dass der sich anbahnende Sieg des Demokraten nicht nur unabwendbar ist sondern auch noch in lawinenartigem Ausmaß über das Land rollen würde.
Die meisten Bars in Boston waren fest in Demokratischer Hand, die wenigen Republikaner verhielten sich stumm, wenn sie überhaupt anwesend waren und der Jubel drang ungehemmt durch das nächtliche Boston. Menschen schrien, jubelten, fielen sich in die Arme und weinten, Autos fuhren hupend durch die Innenstadt, fast so als hätten die Red Sox eine weitere World Series gewonnen, oder zumindest als hätte ein Krieg geendet.
Damit entschied sich auch Jennifers und mein symbolischer Handel und sie muss nun nicht wie im Falle eines McCain Triumphes beschlossen, das Land verlassen. Die Ausreise nach Deutschland hat sich damit zumindest einmal verzögert.
Nach einer euphorischen Nacht begann dann der nächste Tag fast wie der vorherige, der Präsident hieß immer noch Bush, die Wirtschaft krankt noch immer und die Knappheit an Gebrauchsgütern hatte selbst schon die Zeitungen erfasst.
Die für meine Abschlussarbeit zwingend erforderlichen Ausgaben des Boston Globe und der New York Times waren in keinem Laden erhältlich. Nicht einmal die kostenlosen Blätter der Metro, Boston Now oder ein Phoenix waren aufzutreiben. Keine Chance.
Nun dämmerte es langsam, der historische Sieg hatte viele zu Hamsterkäufen veranlasst und die Zeitungen waren als Geschichtszeugen und mögliche Geldanlage teilweise massenweise aufgekauft worden. Zwei Tage später dann die Bestätigung, die Menschenmassen vor den Verlagshäuser der Zeitungen hatten die Verleger zu Nachdrucken der Zeitungen animiert und nun gibt es mehrer hundertausende Kopien der Zeitungen. Überall seckt ein Geschäft, denn der mit 75 Cent recht günstige Globe kann nur für $ 4 bestellt werden, plus weitere $ 9 für den Versand. Die NYT kostet da schon etwas mehr und bietet sich für $14 dem Sammler zum Kaufe.
Im Privaten Kleinanzeigenmarkt gibt es da noch ganz andere Angebote, dort versucht man die Historische Ausgabe für bis zu satte $95 an den Mann zu bringen. Auch ein Blick auf Ebay lohnt zum Preisvergleich, da steckt ein Geschäft. Und man hätte sollen...dann könnte man jetzt.

Ohne Printausgabe und unter diesen Umständen werden sich viele wohl mit den zugegeben schönern Bildern im Internet zufrieden geben müssen, hier ein paar Eindrücke.

Dabei fing eigentlich alles ganz geordent an, der Wahltag selbst führte zumindest in Boston weder zum Chaos noch zum Stillstand des Alltagslebens. Die in den Nachrichten viel propagierten langen Warteschlangen an den Wahllokalen blieben meist aus und unter dem Strich war die Wahlbeteiligung kaum höher als in den Vorjahren.
Woran das liegt darüber kann man nur spekulieren, vielleicht verlieren die Menschen hier trotz oder gerade wegen der großen Show um die ganze Wahl an Interesse oder zweifeln den Sinn ihrer Stimme an. Dies ist in verwöhnten Demokratien und westlichen Republiken ja auch eigentlich nichts neues mehr und gerade deswegen auch eigentlich recht schade.
Hätte die Welt eine Stimme gehabt (nicht nur indirekt durch den Mediendruck) so hätte es wohl in vielen Ländern einen größeren Enthusiasmus gegeben und das Ergebnis wäre bei weitem nicht so "knapp" gewesen wie hier prophezeit wurde. Während sich die Bürger der Welt einig waren, wer denn nun der erste "globale Präsident" sein soll, haben die Medien hier den Leuten tatsächlich bis zum letzten Augenblick ein Kopf an Kopf Rennen vorgegaukelt, dessen Darstellung in weiten Teilen mehr an ein Sportereignis (Horse-race, für alle Wissenden) erinnerte, als an die wichtigste und bedeutenste politische Entscheidung des noch so jungen Jahrtausends.
Nun, um mit Cäsars Worten noch einen drauzusetzen, sind die Würfel gefallen. Die Welt hat gesprochen, Amerika hat gehorcht und kann sich nun wieder beglückwünschen alles richtig gemacht zu haben, das leuchtende Vorbild zu sein, das den weniger erhellten Nationen den rechten (wie in richtigen) Weg zeigt. Etc. Der Süden, der Bibelbelt und die wohl über Sezession nachdenkenden Staaten von Jesusland haben an Dominanz verloren und lecken ihre Wunden, verärgert, dass sie nun von einem schwarzen Neger, der auch noch Kommunist oder gar Sozialist ist, oder was noch schlimmer ist, wahrscheinlich Muslim oder gar Islamist (und obendrein noch elitär und korrupt und) regiert werden. Die Widerstandgruppen "Impeach Barack" schießen auf Sozialen Netzwerkseiten wie Pilze aus dem Boden. Der Iranische Präsident hat seine Glückwünsche geschickt, der Anfang vom Ende. Anarchie droht.

Aber zurück zur Wahl selbst.
Um Gewinne und Stimmen zu Maximieren haben hierzulande zehntausende von freiwilligen die lezten Monate am Telefon verbracht (Phone Banking) um potentielle Wähler per Anruf und Gespräch zur Wahl zu bewegen, Unentschlossene zu überzeugen, Faule zu drängeln. Milliarden wurden ausgegeben und Millionen vertelefoniert, Benzin verfahren um Wähler in kritischen Swing States mit antizipiert knappen Wahlausgang per Haustürbesuchen und persönlichen Vorsprechen zu Wahl zu animieren. Diese Art der Beschäftigung wird meist von Schülern, Sudenten teilweise mit professioneller unterstützung der Wahlkampagnen durchgeführt, die Arbeit ist Zeit- und Nervenaufreibend wurde aber von vielen schon durchgeführt. Beginnend um 6 Uhr in der früh machen sie sich auf den Weg um Stimmen zu gewinnen, Telefoniert wird oft mit dem eigenen Telefon, gefahren mit dem eigenen Auto. So ein Enthusiasmus und am Ende wählen dann nicht mal 2/3 aller Berechtigten, schon Schade. Aber man ist sich einig, dass es ohne diese Art von Initiative, ohne Postwurfsendung, Wahlwerbespots, Interviews, Kampagnenauftritte, und persönliche Apelle, Fernsehdebatten, Wahlsondersendungen, Dokumentationen, Reden und Rockshows mit Feuerwerk, Spendengesuche per Email, Flugzeuge und Busse und Expräsidenten und Musikstars und Schauspieler und Michael Moore's pünktlich erscheinede neue Dokumentation und Wahlbegleitbücher und Hotlines zur Wahlregistrierung, Infoservice und Wahllokalfinder im Internet und Wahllokalreporter die den Stand vor Ort schildern, Warteschlangen/-dauer Messungen, vereinzelte Kuchenbasare und Hotdogverkäufe in Wahllokalen (fürs das leibliche Wohl sorgt man in Amerika immer!), Stuhlausleihe für in-der-Reihe-Wartende, rentnerherankutschierende Busse und Heldengeschichten von 96 Jährigen, die zum ersten Mal in 20 Jahren wieder an der Wahl teilnehmen und Präsidentschaftsanwärter die life und in Farbe bereits 6 Uhr morgen für sich selbst stimmen und der obligatorische blau-weiß-rote Aufkleber für alle stolzen, erleichterten, betenden, hoffenden WÄHLER, die allen noch-NICHTWÄHLER verkünden I VOTED TODAY um villeicht noch jemanden zum Urnengang bewegen zu können -ohne all das, wäre der ganze Zirkus wohl noch viel mehr Amerikanern am Arsch vorbei gegangen.
Und das, ist die größte Schande. Das Privileg an einer Wahl teilnehmen zu dürfen, ist der Mehrheit doch wohl schon lange den Gang zum Wahllokal nicht mehr wert. Aber dahin kommen wir in Europabestimmt auch bald, macht euch auf was gefasst.

Peace
k


Die hoffnungsvolle Wählerin am Tag der Entscheidung
Allston für Barack
Nach der Urteilsverkündung in einer Bar in Downtown Boston
Here's to Change

Sunday, November 02, 2008

Salut an die Britischen Truppen

Es gibt keine Engländer mehr in den Britischen Truppen.
Getroffen habe ich allein in der Küche Vertreter der folgenden Länder:
Schottland
Irland
England
Ghana
Swasiland
Karibische Inseln
Russland
Von allen mit denen ich mich unterhalten habe waren genau
0dabei die dem Irak Frienden und Freiheit bringen wollten.
Die Gründe zur Army zu gehen waren unterschiedlich, mit Demokratie hatten sie aber nichts zu tun.
Die meisten wollten einfach nur Geld verdienen, und zwar viel.
Oder hatten einen Fehler gemacht, sich für zu lang verpflichten lassen, auf dem Weg zum College hängen geblieben etc.
Gemeinsam hatten sie eines: Keiner hatte Lust in den Irak zu gehen, und jeder freute sich darauf nach hause zu kommen. Auch Soldaten haben Freundinnen die weit entfernt wohnen und warten, oder Ehefrauen, sogar Kinder. Einer der Schotten hatte sich ein Haus gekauft, in Bosnien und wird dann dort in einem malerischen Tal mit seiner Frau irgendwann Kaffee und Kuchen verkaufen. Stolz zeigt er uns die Bilder seines neuen Hauses, ich Frage ihn wann es denn soweit ist, wann er sich zur Ruhe setzt. Die Antwort: "In 13 Jahren." Viel Glück dabei.
Ob man solange lebt weiß keiner, mit etwas Sarkasmus und ohne Details preiszugeben zeigt uns der Küchenchef Bilder von Drogenküchen und Mohnfeldern in Afghanistan, dort ist Drogenhandel inzwischen der größte und wichtigste Wirtschaftszweig. Hauptexportgüter sind Heroin und Opium. Danach Bilder aus dem Irak, beschlagnahmte Waffen, zerfetzte Selbstmordattenäter und Zerbomte Küchenzelte mit Schrapnellöchern etc. Dave selbst wurde bereits von Scharfschützen angeschossen und ist auch mehrmals "in die Luft geflogen". Überlebt hat er bisher vieles, einige seiner Freunde auf den Gruppenbildern hatten weniger Glück.
Der Krieg ist schon ein Scheißgeschäft, er bringt aber eben Geld, "hilft die Rechnungen zu bezahlen." Angeblich hat das Soldatensein auch seine Sonnenseiten, wie zollfrei einkaufen und kostenlose Ausbildungen, Reiseerfahrungen und zahlreiche Bekanntschaften und Geschichten die sich gut in Bars erzählen lassen wenn man etwas Aufmerksamkeit möchte. Trotzdem sind viele nicht glücklich und das meistbenutzte Wort bei der Beschreibung der Army ist nach meinen (subjektiven) Beobachtungen immer noch SHIT.
"The Army is SHIT man" sagen vor allem die Jüngeren und hoffen bald wieder nach hause zu dürfen. Immerhin haben Sie den Krieg nciht angefangen, sondern die Amerikaner. Zumindest unser Küchenchef ist überzeugt das der ganze War on Terror nur künstlich erzeugt wurde, die Anschläge des 11. September selbst insziniert waren, und sowieso den Amerikanern nicht zu trauen ist. Sie waren auch niemals auf dem Mond, und würden immer noch auf der Lüge beharren etc.
Daves Ärger kann man fast nachvollziehen, sind doch die britischen Truppen auch noch häufiges Opfer fehlgeleiteten Amerikanschen Feuers.
Erstaunlich ist auch, wie wenig man der grauen Realität des Soldatenlebens im Camp entkommen kann, die Zeitung ist ein Amerikanisches Militärblatt, im TV läuft der Truppensender und selbst im Radio dudelt "The Eagle" ein amerikanischer Militärsender. Nicht einmal die Medien bieten also Abwechslung vom Army Alltag, und nach bis zu 15h Küchendienst muss man auch aus diesem Grund fast den Hut ziehen vor den Köchen der Briten. immerhin haben Sie es geschafft trotz allem ein genießbares Essen auf den Tisch zu stellen und zumindest an der Oberfläche ihren Humor nicht verloren. Und selbst wenn The Eagle den gleichen Song zum 3. mal spielt, pfeift Dave noch munter mit:
"I kissed a Frau and I liked it" ist seine Version einer zu oft gespielten Pop Schnulze.


Nacht im Camp
Eine Küche zur Nachschicht
Hubschraubermanöver
Küchenuniform

Lagerkoller in Bayern

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Hier sitz ich nun im Army Camp Hohenfels und beobachte mich und meine Umwelt dabei wie sie den Verstand verlieren. Es ist dunkel in meinem Zimmer, der schwere, erkaltende Rauch meiner Mitbewohner hängt in der nur von Bauzäunen und Makeshift-Pappwänden durchtrennten Luft. Ich sitze in einer Ecke auf einem Dopppelstockbett, mein Boss, der „Don“ schaut wie jeden abend einen Film zum einschlafen auf seinem Laptop, und schafft es nie bis zum Ende. Ich weiß nicht den wievielten Versuch er jetzt startet, aber wie jeden abend leuchtet sein Bildschirm grell in sein schläfriges Gesicht, das mich fast ein wenig an Devlin erinnert. Der zweite Mann, ein quirlig drahtiger Sachse mit Bierbauchansatz ist zur Nachschicht, Kartoffeln schälen und aufwaschen die ganze Nacht bis 6 Uhr früh im kalten West-camp weit draußen in der wildnis und fern ab den Baracken. Die Nachtschicht kümmert ihn nicht, das Army-camp ist kein Problem da er als Bühnenbauer daran gewöhnt ist wochenlang von zu hause, Frau und Kindern weg zu sein. 18h arbeit am tag sind auch normal. Mein dritter Mitbewohner, ein ehemaliger Bundeswehrsoldat legt sich gerade zur Ruhe und wird wahrscheinlich im finsteren seine Kleidung wieder streng und ordentlich auf seinem Stuhl zusammenfalten, auf dem sie dann darauf wartet in 6 Stunden wieder entfaltet und zur Frühschicht angezogen zu werden. Er ist Tankerfahrer und fest angestellt, einer von wenigen nicht Selbstständigen hier, und nur einer unter vielen Freaks. Wie „Don“ ist auch er über 30, verheiratet, hat Kinder. Im Dunkeln sehe ich seine Zigarette glimmen und der Rauch beißt meine Augen, und das obwohl die Fenster offen sind. Die Heizung ist es auch, die Army wird’s schon zahlen.
Nur etwa 5cm neben, nur durch eine Pappwand am Bauzaun und etwas schwarzen Stoff von mir getrennt, schnarcht ein wahrscheinlich fetter und hässlicher Nazi. Oder irgendein anderer Idiot. Ich habe ihn noch nie gesehen, sein grunzen und schnorcheln raubt mir aber jede Nacht die Ruhe und deshalb hasse ich ihn, auch wenn ich ihn tagsüber reden höre kommt keine Sympatie auf. Wenn man genau hinhört kann man verschiedene Leute an ihrem schnarchen wieder erkennen, jeder röchelt auf eine andere weise vor sich hin, gurgelt oder schnieft durch die rauchgeschwängerte Nacht in Baracke 1115 im Army camp, Hohenfels. Man hört hier jeden atmen, reden, oder eben schnarchen. Dazwischen dann Handys und Wecker, gearbeitet wird immerhin in 3 schichten rund um die Uhr.
Offiziell ist dies hier amerikanischer Boden, seit dem 2. Weltkrieg. Davor war es ein Trainingsgelände für Hitlers Militärmaschine. Nun fahren hier die Briten, Australier und Amerikaner, manchmal auch Afghanen oder wer auch immer hier ein Training gemietet hat in ihren Jeeps und Panzern auf und ab.. Unsere britischen Freunde tragen bereits ihre neuen Wüstenuniformen, denn ihr nächster Stopp ist der Irak. Schon komisch, man arbeitet da in der Küche, als Tellerwäscher (wiedermal, so war das nicht gedacht, eigentlich sollte es doch aufwärts gehen!) und schaut jeden abend in die sich hungrig an der Essenausgabe aufreihenden Soldatengesichter. Und irgendwie sieht man eine Mischung aus Volksstrum und Boy-Scout camp. Die ersten in der Reihe können nicht älter als 18 sein, kaum aus der Schule geht’s ab in die Wüste. Erstaunlich sind auch die zahlreichen Frauen, jung und meist nicht einmal besonders schön. Einige Veteranen sind auch dabei, und ein paar Schwarze. Die Leute in der Küche sind genauso bunt zusammengewürfelt, unsere Köche sind 2 Veteranen mit Wanne, denn beim ständigen kosten muss ja mal was hängen bleiben, dazu zwei sanftmütig-kräftig aussehende Schwarze, ein kleiner weißer mit Brille der einen irendwie an einen Bieber erinnert und einen etwas schwammig geratenen College boy, den ich in Gedanken Babyface getauft habe. Sie alle kochen, backen, braten und verschmutzen die Küche in Baracke 1166 nach Leibeskräften, jeden tag. Das essen ist jedoch erstaunlich gut, immer gibt es frisches Gemüse, Kartoffeln werden von der Nachtschicht immer geschält, Fleisch direkt vom Knochen gelöst, und der Rest irgendwie aus Instant Gewürzen und Pulvern zusammengerührt und gekocht. Mensa Qualität hat das hier allemal und die Auswahl ist auch größer.
Eine Mensa haben die meisten der hier angesellten KPs (Kitchen Personnel) jedoch noch nicht gesehen. Ein Student ist eine Abnormalität, oder einfach was Komsches, den ein so komplizieres Wort wie Abnormalität darf man hier nicht benutzen. Neben den ausgebildeten Köchen die teilweise nur als Servicekräfte hier arbeiten ist der Rest der Freiberufler hier in etwa das was anderswo als Abschaum verschmäht hat. Magdeburg scheint dabei ein Sammelbecken für Asoziale zu sein, den von dort fließt ein ständiger Strom Ausschuss gen Süden um dann hier im Camp hängen zu bleiben, fernab der Zivilisation. Man fragt sich immer wo all diese Freaks, die Verrückten, Kaputten, und in der Gesellschaft gescheiterten so ihr Geld verdienen, wo sie hausen und wie sie aussehen…nun hier in Hohenfels ist eine beachtenswerte Anzahl Degenerierter hängen geblieben, das steht fest. Heinz Dummbolzen, der Schläger aus der 2. Klasse der damals schon sitzen blieb arbeitet bestimmt auch hier.
Einer der Gehirnakrobaten hat es letztens geschafft sich vor seiner schicht so lange mit Vodka zuzuschütten dass er pünktlich zu Arbeitsbeginn in seine Baracke gekotzt hat. Daraufhin sollte er nach hause geschickt werden, durfte aber dann bleiben, da die arbeitsfähigen Leute eben doch knapp sind und nicht jeder hier Doppelschichten schieben möchte.
Die meisten begrüßen Doppelschichten, denn ausser arbeit, schnarchen, rauchen und saufen gibt es hier nicht viel zu tun. In unserer Papphütte ist man zwar etwas kultivierter, da wird der Schnaps noch selbst angesetzt, öfters am Nachmittag mal zu Kaffee und Kuchen geladen oder sogar mal ein Trip in ein Restaurant organisiert. Ansonsten passiert aber nicht viel; computerspielen, schlafen, Wäsche waschen lassen, Essen aus der Küche mitgehen lassen, auch Messer, Schäler etc. Alles was nicht niet und nagelfest ist findet seinen weg in diese Baracken. Was soll man auch sonst tun, zu den Soldaten gibt es keinen Kontakt, die leben zwar direkt nebenan in den gleichen Bararcken, haben aber ganz andere sorgen. Wie ihre drills und sinnlosen angriffe. Mehrmals am tag heult und dröhnt es, booom, boooom weeeeeeehhhhhoooooo boooooom weeeeeeeehhhhhhooooooo INCOMING INCOMING INCOMING booooom wehhoooo und alle diensthabenden Heimatverteidiger schmeißen sich auf den Boden oder kriechen in Deckung, da kann das essen auf dem Teller auch mal kalt werden oder die Suppe anbrennen, wenn der Feind (in diesem fall ein angestellter, der von einem Hummer aus falsche Granaten zwischen die Baracken feuert) kommt, ist alles stehen und liegen zu lassen. 10 Minuten später ist das essen kalt oder angebrannt, die unter Beschuss gekommenen hören die entwarnende sirene und ein blechernes weeeeehhhoooo ALL CLEAR; ALL CLEAR! Weehoooo und kommen aus der versenkung hervor. Dazwischen rüttelt immer wieder mal ein Helikopter oder ein Tieffliegender Jet das Lager wach, in den oktoberbunten Wäldern bellen Maschienengewehre mit gelben Platzpartonenmagazinen dem schwindenen Sommer oder vielleicht auch dem erdachten Feind hinterher, manchmal sogar den extra angestellten falschen turbantragenden Terroristen.
So kommen und gehen die tage, der Stumpfsinn kriecht durch die Baracken und nach bereits fünf tagen kann man sich nicht mehr vorstellen, das irgendwo da hinter dem Wald, nur wenige Kilometer vor den Toren des 40 mal 60 km großen „Naturschutzparkes“ tatsächlich noch ganz normale Menschen, bunt gekleidet zur arbeit gehen. Die Normalität ist ein langsam verblassender Traum du das nach nur einer Woche im Lager, das bei Nebel oder auch bei Nacht ein wenig an Buchenwald zu erinnern versucht. Dazu trägt vor allem der nach innen überhängende und mit Stacheldraht versehene Zaun um die Gelände bei, auch die Baracken und die spärliche Nachtbeleuchung wirken da mit. Und letztendlich versammelt sich auch hier alles was die moderne Gesellschaft eigentlich nicht sehen oder wahrhaben möchte. Fast wie damals. Die Verlierer, die kaputten, hart arbeitenden, primitiven und dennoch wieder normalen. Für die meisten ist dies ein Lebensunterhalt, Soldat oder KP, alle sind Freaks und doch auch nur des Geldes wegen und nicht wirklich gegen ihren willen. Kinder und Frauen wollen ernährt werden und vermissen ihre Väter, manchmal auch Mütter und Ehegatten, doch ihnen allen wird allabendlich im schein der kerosinbetriebenen Lampen am Telefon in allen Sprachen der Welt versichert: Bald bin ich wieder zuhause. Keine Sorge, alles wird gut. Ich liebe dich auch.
Für die einen endet der Zirkus vielleicht nach 3 Wochen, die andern gehen in die nächste runde, ob hier oder in einem anderen camp, ob Grafenwöhrl, Hohenfels, Bagdad oder Afghanistan spielt keine Rolle. Wahrscheinlich sind die Soldaten besser dran, denn sie gehen weiter und bleiben nicht hier stecken, andere arbeiten hier seit Jahren, leben in diesen Baracken fast das ganze Jahr.
Soldat oder KP, das spiel ist immer das gleiche und die Monotonie des Unterfangens wird nur durch die Sinnlosigkeit übertroffen. Steuerzahler aller Länder, vereinigt euch und schaut was aus euren Abgaben wird. Sie brennen tagtäglich zur Stromerzeugung und fließen als Wasser durch die Abflüsse der Großküchen, gehen ungegessen, verbrannt, verkocht oder einfach unerwünscht meist oft direkt in den Container. Oder sie verpuffen im Feuerwerk der Boyscouts. Werden durch Auspüffe geblasen oder vom Jetstream durch die Luft gewirbelt. Vielleicht steckt sie auch so ein Dummblzen aus Magdeburg ein und kauft sich einen Kasten Bier davon. Einen sinn kann das nicht haben.
Peace
-k