Thursday, April 09, 2009

East Boston - Das Neue Viertel

war der geplante Titel dieses Blogeintrages, doch wichtige Ereignisse machen eine kleine Korrektur unumgänglich.

!OPENING DAY!

Fiel Montag erstmal ins Wasser und wurde aufgrund von Bostonartigem Unfrühlingswetter auf Dienstag verschoben. Damit hielt die gesamte Stadt einen weiteren Tag den Atem an bevor dann am Dienstag endlich die Saison eröffnet und damit auch dem Bundestaat Massachusetts der Frühling auferzwungen wurde. Zum ersten mal seit der langen Winterpause verwandelte sich Boston wieder in ein Meer von roten und blauen Trikots, Shirts, Baseball Caps und Socken. Der Unterschied war überall zu spüren, die U-Bahn und Straßenbahn waren belebter als sonst, die Menschen wie elektrisiert und selbst die gar dunklen Wolken waren gar nicht mehr so dunkel. Gespannt und aufgeregt saß ich an der Uni und wartete auf die neue Saison, ohne Camera und Ticket blieb mir auch nichts besseres übrig und ein Blick aus dem Fenster auf die Regenwolken versprach auch nichts Gutes!
Plötzlich kurz vor 4 dann das allen am Flughafen wohnenden Mitbürgern vertrautes Dröhnen am Horizont, doch diesmal senkte sich nicht etwa ein Passagierflieger aufs Hausdach herab, sondern eine Fliegerstaffel Düsenjets dröhnte aus Richtung Fenway Park kommend über die Stadt. Da im Internet nichts über einen Kriegsbeginn gestanden hatte konnte dies nur heißen dass die Baseballsaison nun tatsächlich und ganz wirklich begonnen hatte! In Windeseile klinkte ich mich in meinen Webstream ein und tatsächlich, nebenan wurde Baseball gespielt! Nun einen Kilometer Luftlinie entfernt schien sogar die Sonne, wenn das mal nichts hießt! Ich vermute mal die Bedeutung von Opening Day ließ den Wolken über Boston nichts anderes übrig als vor lauter Ehrfurcht ein wenig Platz zu machen damit die Sonne eine Chance hatte die Red Sox zu Saisonbeginn spielen zu sehen. Und die wird sich gefreut haben, angesichts des schönen Spiels!
Hätte es auch genossen wenn ich nicht seit Anfang der Woche Zahn-Kiefer-Ohren und Kopfschmerzen hätte. Da will mir wohl ein Weißheitszahn den Saisonanfang versauern und mich von arbeiten abhalten...
Etwas angeschlagen ließ ich dann einen Vortrag über Bob Dylan sausen der hier an der Uni gehalten wurde und schleppte mich Richtung U-Bahn um wenigstens noch einen Blick auf das Stadion werfen zu können. Die ersten Zuschauer strömten mir bereits entgegen und eine mir entgegenkommende Frau erzählte gerade vom 5-3 Sieg der Sox und wie sie dem Ehrengast, Sen. Ted Kennedy, die Hand schütteln durfte. Auch nicht schlecht.
Einen Augenblick später war das Speil dann wohl auch offiziell zu Ende und ein zufriedenens Röhren aus den Kehlen der im ausverkauften Park verbliebenen 37,000 Fans (und ein paar zerquetschten) teilte mir mit das Papelbon wohl soeben per Strikeout das den letzten Man der Rays ausgeworfen hatte. (Ein späterer Blick in die Statistik verriet es war ein 96 Meilen Fastball -ha! vgl. 7ter Paragraph).
Sekunden später wälzte sich eine glückliche Menschenmenge in die U-bahnstation, sog mich in sich auf und schwemmte mich in eine der wartenden Bahnen, vorbei and dem laut und vergebens Anweisungen gebenden Personal der MBTA und hinein in den verstopften Zug.
Die Baseball Saison ist eröffnet und die Bahn in den nächsten 5 Monaten zu weiteren 80 Heimspielen 2 mal am Tag verstopft. Hervorragend. Ich kann es kaum erwarten. Der Unterschied zu Deutschland ist hier, dass es keine Schlägereien, Pöbeleien und kaum betrunkene Fans gibt, die meisten sind hier Familien und Studenten sowie Senioren. Die Bahn ist zwar voll aber die Stimmung gut, und das ändert sich auch nach einer Niederlage nur unwesentlich.
Zurück zum Thema
Eigentlicher Sinn des Eintrages was jedoch die neue Nachbarschaft, also wenigstens ein paar Worte dazu. Nachdem ich in den letzten Tagen und am Wochenende ein paar Stunden die Straßen auf und abgewandert bin, habe ich ein paar erste Eindrücke gesammelt und teilweise auf Bildern festgehalten. Es sei dazu nur soviel gesagt:
1) Die Verkehrsanbindung ist Tunnel und Brückenbedingt etwas umständlich und die Maut kostet dank ausgesetzter Erhöhung weiterhin nur $3,50 durch den Tunnel stadteinwärts und über die Brücke $ 3.
2) English ist hier die Sprache der Minderheit und die eingeborenen hier ansässigen Neuengländer haben einen markanten Boston Akzent der für fremde immer ein wenig gemein klingt. Einmal vertraut hat er dann aber seinen Charme.
3) Bars und restaurants gibt es einige, jedoch sind diese weiter verstreut und selterner als in Allston, gut Frühstücken kann man aber auch, wenn man einmal weiß wo man hin muss.
4) Insgesamt ist das Viertel recht klein und überschaubar, größtenteils auch recht schick und familiengerecht mit neu angelegten (fast künstlichen) Parks und zwei Schulen.
5) Die Verkäuferin im Liquor Store ist sehr gesprächig und freundlich
6) Schöne Ecken, gute Aussicht und Dreckflecken in der Landschaft sind eng nebeneinander, neben einer plastisch aussehenden neuen Siedlungsecke verfallen die Häuser und verkommen Bauprojekte zu Schrotthalden
7) Nur 2 Bahnhaltestellen von hier gibt es einen schönen Strand mit direktem Blick auf die Landebahn des Flughafens, Schwimmstrecke zum Runway etwa 400 Meter.

Beim nächsten Mal dan etwas mehr über meine neue Mitbewohnerin.

best,
-k

Blick auf die Stadt von Constitution Beach, Orient Hights
Der Strand mit Blick auf den Flughafen

Parklandschaft mit Blick auf Downtown
Straßenzug East Boston
Spektakuläre Ausichten
und irgendwie auch traurige
Typischer Vorgarten, Marienstatue + Schrott vor Hinterhöfen und Feuerleitern aus schiefen Brownstone-Häusern

Frühlingsbote

Frohe Ostern, alle zusammen!

3 comments:

Anonymous said...

Schön mal wieder was zu hören bzw. zu lesen, ätsch in old germany ist schon Strandwetter, seit einer Woche nahezu täglich 20 grad und drüber, über Ostern soll es wohl so bleiben. Hoffentlich beruhigt sich der Zahn bald wieder, sonst könnte es fatal werden.Schöne Ostern von den Oldies

Hermi said...

So so, ihr macht es also langsam "heimelig" oder sollte ich "unheimelig" sagen?! Vom tollen vorösterlichen Wetter hier brauch ich wohl nix erzählen, aber ich geh mal davon aus, dass auch bei euch alles gut wird. Wünsche friedliche Ostertage!
P.S. Warte noch auf Anweisungen, wie man dich evtl. mal telefonisch oder postalisch erreichen kann.

Anonymous said...

Das ist so lustig zu lesen...! Manch einer wurde ja schon als Autor entdeckt. Ich für meinen Teil amüsier mich prächtig und freu mich, dass es euch so gut geht. Einen schönen Bloc hast du da und da du jetzt ja üben musst "Hasta la proxima vez!" lieber Matthias. Biz Susi