Sunday, April 26, 2009

Auf und ab im April

obwohl die Amerikaner laut Gallup Poll zu 67 Prozent hinter ihrem neuen Präsidenten stehen, und das ob der zahlreichen wegweisenden Legislativinitiativen, deren Tragweite zumindest die Konservativen doch deutlich zu stören scheint. In Texas und anderen Bundesstaaten mit starken republikanisch-orientierten Bevölkerungssegmenten hält man mit tatkräftiger Unterstützung des Propagandanachrichtensenders FOX News bereits Tea-Parties um gegen die als oppressiv empfundene Regierung zu demonstrieren, der Gouverneur hat selbst einen Austritt aus der Union nicht ausgeschlossen, da angeblich ganze Bevölkerungsgruppen durch die neue Regierung nicht repräsentiert und zu Unrecht zur Steuerabgabe genötigt werden...
Doch von den bizarren innenpolitischen Gegebenheiten des Gastlandes einmal abgesehen wird die Situation vor der Haustür im Zuge der sich in den Köpfen der Meinungsmacher zwar abschwächenden Wirtschaftkrise nur langsam und unwesentlich besser, in einigen Einzelfällen sogar extrem schlechter.
Das Unijahr ist fast vorüber und wie jeden Sommer suchen die Studenten (und überhaupt alle die im Besitz einer Arbeiterlaubnis sind) nach Nebenjobs um sich den Sommer über zu finanzieren bis dann mit Beginn des neuen Schuljahres wieder die Regierungs- und Privatkredite greifen die vielen hier das Überleben während des Unijahres ermöglichen.
Nun sickert wie überall die Krise auch hier recht zügig nach unten durch und statt offener Stellen gibt es selbst in Amerika Arbeitslosigkeit und Stellenkürzungen. So kommt es das Jennifer für den Sommer noch keinen Job hat und dank des noch ausstehenden Recitals (und dem damit verbundenen Übungs- und Vorbereitungsaufwandes) weder Zeit noch Kraft für eine erfolgreiche Jobsuche hatte. Wenn sich dahingehen nicht bald etwas ändert (etwa in den nächsten 7 Tagen) stehen wir vor einem großen Problem.
Doch jammern wollen wir mal nicht, den anderen geht es noch viel schlechter. Den Obdachlosen zum Beispiel, deren Zahl hier auch dramatisch zugenommen hat angesichts der Tatsache das doch recht viele hier ihr Haus verloren haben und nun im Auto oder der Obdachlosenunterkunft wohnen.
Aufbauende Geschichten wie diese denke ich mir leider nicht aus, die stehen im Boston Globe. Und selbiger, um nun die Überleitung ganz glatt hinzubekommen, ist auch so gut wie am Ende. Das mag zwar in Deutschland keinen interessieren doch für mich persönlich ist das schon eine kleine Katastrophe. Nachdem in den letzten Wochen bereits einige namhafte und traditionsreiche Zeitungen die Pressen stillgelegt haben, könnte nun bald (am 1. Mai zum Beispiel) eines der Flaggschiffe der Nordamerikanischen Presse die Segel streichen (oder wie andernorts von Piraten geentert werden, aber dazu später).
Vor 3 Wochen hat die New York Times, Eigentümer des Globe seit einigen Jahren und ihrerseits von Millionenverlusten und Werberückgängen von mehr als 30% betroffen, dem Globe ein Ultimatum gestellt. Der Globe verlor letztes Jahr allein über 50 Millionen, dieses Jahr werden es 85 Millionen. Nun fordert die Times 20 Millionen an Einsparungen von den Gewerkschaften des Globe und damit schwingt wie das Konkurrenzblatt Boston Herald mit Genugtuung feststellte, das Beil schon recht nah über dem Kopf der einzigen großen Qualitätszeitung der Stadt. Und damit sieht es schlecht aus für meinen potentiellen Arbeitgeber und Startpunkt einer großen Journalismuskarriere. Die Chancen jedenfalls, das man mir beim Globe mal einen Job anbietet sind wohl recht dünn. In einem Verzweiflungsakt und in der Hoffnung dass viele andere es uns gleichtun haben Jennifer und ich sofort ein Abo abgeschlossen, denn wie wir alle wissen hängen die werbeeinnahmen einer Zeitung ganz entscheidend von ihrer Leserschaft ab. Und wenn diese nun entgegen dem Trend ganz steil nach oben schießen würde...na dann vielleicht...

Ähnlich geht es dem traditionsreichen Unternehmen Filene's Basement, einer Kette von Modehäusern deren Spezialität der Verkauf von gnadenlos heruntergesetzter Designer und Markenware war (und noch ist). Nach stetigen Umsatzverlusten wurde die einst erfolgreiche und in Boston gegründete nun dahinsiechende Kette an eine Art Insolvenzverwalter in Kalifornien verkauft. Das Ende ist auch hier abzusehen.

Und um dem ganzen noch einen drauf zu setzen geht auch der MBTA ganz schnell die Kohle aus. Nachdem die Gesellschaft für Öffentliche Verkehrsmittel schon angeordnet hat die nächtliche Beleuchtung der Zakim Bridge abzustellen (einem heißgeliebten Wahrzeichen der Stadt) um monatlich etwa 5,000 Dollar zu sparen und die entsetzten Architekten des Kunstwerkenbegonnen haben Geld zu schicken um die Lichter finanzieren zu können, ist es nun langsam abzusehen dass auch solche Notmaßnahmen die hunderten Millionen an Defiziten nicht mehr ausgleichen können. Drastische Kürzungen im nun ohnehin wieder völlig überlasteten Verkehrsnetz der U-Bahn-Linien und Buslinien , Personalentlassungen und Einsparungen von 50% bei Wochenend- und Abend-Zügen wurden schon vorgeschlagen, die Bürger sind entsetzt und das Chaos droht. Besonders dann, wenn wie am Marathon Monday letzte Woche ein Marathonlauf mit mehr als 20,000 Teilnehmern stattfindet und von den 4 großen Sportteams der Stadt gleich 2 ein Playoff-Heimspiel haben und gleichzeitig die Red Sox eine Heimserie spielen... Da schließt man sich am besten zu hause ein und geht garnirgends mehr hin.

Obendrauf endete der Winter (vorübergehend) vor etwa 3 Tagen, der Campus ist voller sich sonnender Mädels die überall ausgestreckt auf den Wiesen liegen und den zukünftigen Studenten, die derzeit mit ihren sich in den finanziellen Ruin stürzenden Elternteilen den Campus touren (denn in der Krise wird auch die nun bei lächerlichen 35,000 Dollar liegende Studiengebühr ein klein wenig angehoben werden müssen!) einen ganz attraktiven Anblick bieten. Die meisten der Mädels sind entweder Sonnenstudio gebräunt und damit immun vor der gleißenden Sonne oder verwandeln sich angesichts der noch immer fehlenden Laubschicht auf den weiterhin winterlich aussehenden Kahlgerüst-Bäumen in Kürze in Hummer. Nur von der Natur begnadete Einzelkünstler wie der Auto des Blogs werden auf Anhieb schmerzfrei braun.

Um der Bräunung ein wenig auf die Sprünge zu helfen und wenigstens einmal die Woche mit der sich kaputtarbeitenden Freundin (=Mitbewohnerin) ausspannen zu können, sind wir gestern mal eben an einen der schönsten Strände hier gefahren (laut Zeitungsumfrage im Phoenix der beliebteste Strand in Massachusetts). Crane Beach hat uns dann auch ordentlich gefallen dank arktischer Wassertemperaturen auch vom Baden abgehalten. Der Golfstrom hat leider keine Ausfahrt die nach New England führt und die Gewässer erhitzen sich hier damit erst gegen Ende Juli. Trotz der schmerzhaften Wassertemperaturen, die selbst ein Fußbad zu einer Kneipp-Tortur verkommen lassen, bzw. die gleichnamige Kur als angenehm warme Erinnerung ins Gedächtnis zurückholen, war der Strand gut gefüllt, ohne einen jedoch zu nerven, denn zwischen den vielen Sanddünen und auf den Wanderpfaden durch die Dünenlandschaft kann man den Massen hier sehr gut entkommen, fühlt sich in kürzester Zeit wie in eine Wüste verpflanzt und lechzt nach Wasser. Bilder dazu unten.

Nun, die Liebe zum Strandleben und die Aussichtslosigkeit der Jobsuche mit oder ohne Arbeitserlaubnis lassen eigentlich die Piraterei als einzige Alternative. Selbige scheint laut Medienberichten Hochkonjunktur zu haben und obwohl der erste (jämmerlich dünn und hilflos aussehende) Seeräuber schon an Land gefischt wurde und nun entgegen fast aller Gesetze des Planeten in Amerika vor Gericht steht, nachdem er bei Verhandlungen unter weißer Flagge verhaftet wurde und nun auf Basis eines seit hundert Jahren nicht angewendeten schwammigen Gesetzes wahrscheinlich zu Urlaub auf Lebenszeit verurteilt werden kann, scheint es doch gerade deswegen sinnvoll sich mit dem Piratendasein anzufreunden. Meint ihr nicht?

Nun haben wir den bogen gekriegt, von der Trostlosigkeit der wirtschaftlichen Lage im großen und im Kleinen, über den langsam erblühenden Frühling, der sofort gegen den Sommer eingetauscht wurde bis in zur Piraterei alles abgedeckt und berichtet, ein einziges Auf und Ab - fehlen nur noch die Bilder:

best,
-k

PS: und da hab ich die Fast-Panne mit überhitztem und qualmig-stinkendem rauchschwadenproduzierenden Motor auf dem Rückweg von Ipswich, des Nachtens an unseren Türen rüttelnde Eindringlinge, (Heu)schnupfen und den kürzlich gestellten Craigslist-Killer noch gar nicht erwähnte!!!

Osternachlese I
Osternachlese II
Frühlingsatmosphäre
Blühende Landschaften
selbst in East Boston...man beachte jedoch das noch sehr spärliche Blattwerk..wie im Winter
Sonnenuntergang im Stadtpark, Downtown
Boston von seiner schönsten Seite
Szenenwechsel...Sommer in New England, einen Tag später
Dünenlandschaft, Crane Beach, mit Statist
gefühlte -4 Grad im Atlantik
von zu kalt zu zu heiß

Jennifers missglückter Frisörbesuch bescheehrte ihr rotblonde Haare (nach eigenen Aussagen sieht sie aus wie Ronald McDonald), Nachbesserungstermin ist für Dienstag angesetzt, bis dahin wird eine Mütze getragen...
Verdurstet in der Wüste (Dünenlandschaft in Ipswich, MA)

5 comments:

Anonymous said...

Schönen Gruß an Jennifer- die Haarfarbe korrigiert die Sonne von ganz allein!Schöner Strand, könnte mir auch gefallen.Weniger gefällt mir die sich drastisch verschlechternde Rechtschreibung des Autoren, da schmerzen dem Deutschlehrer die Augen!!!Und schieb es bloß nicht auf die Tastatur.

T said...

Fsorhcer vreshceidneer Ogrniatsaoinen hbaen bweeiesn das man Sztäe acuh lseen knan wnen die Bcuhsabten vrerdeht snid, slnagoe der estre und leztte Bsuhcate an der rhciigten Setllee ist.

Also, did you know that you can set the Facebook language setting to "Pirate" ... harrrrrr.

T

T said...

soweit ich das überblicken kann habe ich nur im letzten Bsuhcate das b vergessen, man möge mir vergeben.

MK said...

arbeite schon an der korrektur der R/Gr... vertippe mich einfach zu oft

Anonymous said...

Dein Bericht ist sehr umfangreich und auch beängstigend für uns! Wünschen Euch, daß die Jobsuche Erfolg hat und wieder "Licht am Ende des Tunnels zu sehen ist."