Monday, March 22, 2010

Wie man eine/n Amerikaner/in heiratet (Teil IV der Serie)

Nachdem das Organisatorische mehr oder weniger zufriedenstellend erledigt war, sollte doch wenigstens der plötzlich anstehende letzte Abend als freier Mann noch einmal genutzt werden um die ganze Sache nocheinmal zu überdenken. Chris hatte dazu ein altes deutsches Restaurant ausfindig gemacht in welchem mir von Ihm und Dan eine Art letztes Abendmal spendiert werden sollte.
Also gabs zum importierten Paulaner ein Schnitzel, und zwar aus Kalbsfleisch, denn irgendwie musste der Koch wohl die $ 22 für den Fleischfladen rechtfertigen. Dazu eine Art hausgemachter Spätzle. Vom Geschmack erinnerte das Mal wohl kaum an die Heimat, gibt es doch zuhause Schweineschnitzel; aber immerhin konnten meine beiden Begleiter ihren Horizont erweitern und tatsächlich einmal ein Schnitzel sehen. Hier ist der Begriff zwar gängig, doch stellen sich die Leute nicht wirklich das Gleiche darunter vor. Jennifer dachte bis zur Aufklärung ein Schnitzel wäre eine Wurst, kaufte mir sogar einmal als Überraschung bei einem früheren Besuch eine ganze Packung "Schnitzel" - von denen ich dann anstandshalber sogar 2 runtergewürgt habe damit sie sich nicht ganz so schämt. Chris hingegen erwartete eher eine Art Gulaschgemisch in Soße und wurde auch eines besseren belehrt. Dan hatte auf etwas "spekatakuläreres" gehofft.
Nachdem alle aufgeklärt und besonders der Wirt bereichert waren, ging es dann weiter auf meinem letzten Ausflug. Hinein ins bisher unerforschte China Town, denn da sind die Getränke fast so billig wie abenteuerlich.
Ohne den einzelnen hier mit Einzelheiten des bizarren Abends langweilen zu wollen, sei angedeutet, dass man doch selbst nach nun fast 2 Jahren in der Stadt noch immer nichts gesehen hat, wenn man nicht mit den hier aufgewachsenen nachts um die Häuser zieht.
Eine soeben im Stil eines alten Theaters wiedereröffnetes Restaurant brachte neben billigen Drinks in einem völlig verlassenem Gastraum die Einsicht, dass man wohl chinesisch sprechen muss um zu verstehen für wen und warum im Nebenraum (jenem renovierten Theater für das wir herkamen) mehrere hundert Chinesen eine Riesenparty feierten; oder warum in einem anderem chinesischen Restaurant 5 Mann aus Küche und Nebenraum auf einen zugesprungen kommen wenn man doch nur nach einer Toilette sucht... oder warum man im gleichen Restaurant 5 Stunden und eine lange Wanderung durch die Stadt später gegen 3 Uhr morgens und nach Barschluss und Alkoholausschankende plötzlich fast keinen Tisch mehr bekommt und unter den wachenden Augen von mehreren Polizisten die halbe Stadt zum Nachtessen und Wasser(?)trinken versammelt ist... oder ob jemandem aufgefallen ist, dass Dan zwei Teebecher für einen möglichen anschließenden Polterabend geklaut hatte (welche er bei einem Zwischenstopp bei sich zuhause dann auch noch vergaß)...
Scorpion Bowls - im Grunde nichts weiter als eine kopfschmerzerzeugende Mischung verschiedenster Drinks in einer großen Schale mit Strohhalmen

Trotz allen Überredungsversuchen wurde der eigentliche Polterabend, auf den die Vermieterin extra aufmerksam gemacht wurde, damit sie nicht etwa die Polizei ruft wenn es des nachtens scherbelt, dann doch nicht durchgeführt, was zum einen auf nichtvorhandenes (oder unentbehrliches) Geschirr und zum anderen auf die gegen 5 Uhr morgens polterunwillige demnächst-Gattin zurückzuführen war.
So fiel ich ins Bett.
Kurz darauf war es hell und Jennifer mit den Vorbereitungen ihres Hochzeitssträußleins überaus beschäftig, zu beschäftigt um auf mein hilfloses Grunzen und Stöhnen reagieren zu können -oder (nach eigenen Aussagen) zu wollen. An mein Frühstück kann ich mich auch nicht mehr wirklich erinnern, versuchte jedoch krampfhaft mich nicht beim Rasieren zu schneiden um nicht auf den extra erworbenen Schlips zu bluten. Aufgrund der nach dem Gewaltmarsch kreuz und quer durch die Stadt nun schmerzenden Füße fiel meine Schuhwahl gnadenlos gegen die bis dahin favorisierten Cowboystiefel aus und auch aus dem letzten geplanten Unsinn wurde damit nichts mehr. Und das obwohl die so gut zum Anzug gepasst hätten...

Anderswo gab es Desserts in gedämpfter Atmosphäre

Für die Damen zum Ausklang
Die Dame des Hauses verwandelte dieses am frühen morgen in ein Schlachtfeld

Blumen für die Brautbegleiterinnen

und die Braut selbst...

Auch am 8. März beginnt der Tag für den Helden mit einer Zeitung und einem Wasser

Beinahe anklagend hingen die neuen Kleider des Kaisers erwartungsvoll an der Tür

Und während die Uhr sich noch bedrohlich auch Mittag zubewegte (man hörte fast das rhytmisch-bedrohliche Klopfen aus High Noon), war bereits Jennifers erster geladener Gast aus New York auf dem Weg zu uns. Oh nein, jetzt gibts kein Zurück mehr!


-best
-k

3 comments:

Anonymous said...

Ich lese hier Held und Kaiser, verwechselst du da nicht was- heroisch ist wohl eher das Vorhaben dich heiraten zu wollen, ach übrigens Schlachtfeld- was war dann dein Zimmer???

Anonymous said...

Der IV.Teil sehr aufschlußreich vom Abschied aus Deinem -Junggesellendasein -. Die Bilder sprechen Bände; nun aber noch von Dir und Deiner Liebe ein paar Bilder im "guten Zwirn"!

T said...

eine versteckte Botschaft, ich fühle mich geehrt.

ich soll übrigens von meiner Elterneinheit ausrichten, der Hochzeitsstrauß sei sehr gut gelungen, kann dem nur beipflichten und damit auf den ein oder andere/n unvermutete/n Leser/in hinweisen.

Die Chinesen haben es übrigens faustdick hinter den Ohren, der Unterschied zwischen Wasser und Reiswein ist den meisten vollkommen unbekannt, genau wie der zwischen google.cn und google.hk