Thursday, September 02, 2010

Gruene Karte

Und jetzt?
Nach knappen fuenfeinalb Monaten Papierkrieg, Gebuehren zahlen und sich trotzdem nicht sicher sein was da nun am Ende herauskommt, kulminierte der ganze Spass dann am 17. August im bereits einmal umverlegten Greencard Interview in Detroit.

Wer sich noch an den Januar erinnern moechte, mag sich auch erinnern dass die Achterbahnfahrt der letzten Monate eigentlich nie meine Absicht gewesen ist, aber mitunter hat man wohl nicht immer die Wahl seine Zukunft selbst zu gestalten, zumindest nicht wenn man im westlichen Kulturkreis im 'demokratischen System' der Industrienationen im 21. Jahrhundert aufwaechst.

Denn dort muss man noch mit Gesetzen und Schranken arbeiten und umgehen die in die Zeit des kalten Krieges gehoeren und sich nur in Preis und Technikeinsatz an die Zeiten angepast haben. Die Denkansaetze sind da oft noch weit zurueck geblieben.

Nachdem unser Anwalt zum Schnaeppchenpreis von einem Arm und einem Bein sowie den Uebrresten meiner Seele und Jennifers gutem Gewissen schon kurz nach der Hochzeit im Maerz verschiedenste Unterlagen und ordernerweise Informationen ueber mich, Jennifer, ihren Vater und wahrscheinlich auch ueber fast alle anderen Leser dieses Blogs versendet hatte und unsere Hochzeitsgeschenke noch als Kompott der Behoerdenmaschine zum Frass vorgeworfen wurden, gebannen sich die Muehlen des Amerikanischen Visums und Einwanderungsbehoerdensystems auch ganz langsam zu drehen.

Leider zu langsam fuer uns, so wurden wie ihr wisst sowohl der kleine Umzug nach Michigan und die Wohnungsaufgabe in Boston sowie die bescheidenen Investitionen meiner Firma in die Person des Blogautoren ganz zuversichtlich ohne jegliche Garantie ins Blaue unternommen. Nur wenn das blinde Huhn zuversichtlich ist, findet es ein Korn. So verhielten wir uns auch und gingen einfach mal davon aus dass schon alles gut gehen wird, und verhielten uns ganz so, als waeren alle Papiere schon in Ordnung und als koennte dann auch gar nichts mehr dazwischen kommen. Probiert das bloss nicht zuhause selber aus, das kann auch ins Auge gehen.

Wie viele Klippen und Probleme da so lauern will ich gar nicht gross erklaeren, es wird auch schonmal alles einfacher wenn man einen Anwalt alle Dokumente vollstaendig einreichen laesst, da funktioniert schonmal das. Wenn man sich dann selbst ans Amt wendet, um zum Beispiel eine Wohnungsaenderung anzumelden, kann das schon nach hinten losgehen. Nachdem wir insgesamt 4 Briefe zur Bestaetigung unserer Adressaenderung bekamen (fuer jeden Antrag einen) und meine Arbeitserlaubnis (Etappenziel 1) schon mal nach Ann Arbor geschickt wurden, ging die Reiseerlaubnis leider nach Boston. Und auch das Interview sollte dort stattfinden. Das Gedaechtnis des Departments fuer Homeland Security ist wohl recht kurz.

Ein kurzer Telefonanruf der Anwaeltin loeste den kleinen Schrecken jedoch auf. Neuer Termin war dann der bereits erwaehnte 17. August (ja, ich haenge mit dem Schreiben ein wenig hinterher) - und diesmal wurde es ernst.
Die korrigierte wie auch die widerrufene faelschlich abgesandte EInladung enthielten bereits einen Vorgeschmack auf das Interview, eine Liste vorzulegender Materialien. Diese Enthielt unter anderem: Geburtsurkunde, Heirasurkunden, EInkommensnachweise, Nacheise ueber Eltern, Sposoreneinkommen,  vorherige Ehen und Scheidungen, Nachweise ueber den gemeinsamen Lebensweg -also Rechnungen, Briefchen und Bildchen etc. Nach Absprache mit der Anwaeltinund Probebefragung am Telefon wurde der ganze Satz Beweismittel dann zusammengestellt, kopiert und geordnet um damit selbst den ersten geimeinsamen Furz noch dokumentieren zu koennen.

Auch wurde man instruiert den schon aus dem Flieger bekannten ganz ernsten Fragen nach eventuellen terroristschen Vorhaben, Vortaten, Mitwirkungen am Voelkermord, Nazisein zwischen 1933 und 1945, Sprengstoffkenntnissen, Kinderentfuehrungen (nur amerikanischer Staatsbuerger), Zuhaelterdasein sowie einer Mitgliedschaft in der Kommunistischen Partei auf GAR KEINEN FALL mit "ja" oder "vielleicht" zu beantworten, oder gar einen Scherz zu machen.  Das ist ja alles ganz ernst.

Als nach fieberhafter Arbeit am 16. August gegen Mitternacht der Papierturm zu Babel dann fertig war, gingen wir dann doch etwas nervoes zu Bett -nicht unbedingt wegen des Interviews, aber es waere  schade schon auf dem Weg dahin im Asphaltdschungel Detroits erschossen zu werden- und wie wahrsceinlich das war wussten wir dann auch nicht wirklich so genau. Ein paar Scherze im Reisefuehrer ueber "wasteland" und "Apokalypse" blieben einem doch im Gedaechtnis haengen. Und die Anfahrt durch einige weniger freundliche Vorrorte, verlassene Strassenzuege und ausgebrannte Ruinen (bestimmt Drogenkuechen) war auch schon mal nicht langweilig, da erschien das Buerogebaeude am Horizont fast wie das Licht am Ende des Tunnels und uebberraschend freundlich.

Und dann gings auch schon los. Nach einer kleinen Ermunterung durch den beurteilenden Beamten, dass zumindest alle Papiere in Ordnung seien, ging der sehnlichste erwartete grosse Kampf (mit dem von mir als Endgegner in einem Videospiel empfundenen Richter") auch schon los.

Zuerst wurde die bereits angesprochene Fragebatterie des Unsinns (selektiv) abgearbeitet, und ich muss es dem "Richter" zu Gute halten mich nicht nach meiner Rolle im Holocaust gefragt zu haben. Nachdem ich alle relevanten Fragen zufriedenstellend ernsthaft mit 'nein' beantwortet hatte, ging es dann in die Hauptrunde.

R: Wie heissen Sie?
MK: Matthias Kuhlmeier.

R: Wo wurden Sie geboren?
MK: Zittau, Deutschland.

R: Wann ist Ihr Geburtstag?
MK 07. 08. 1983.

R: Wann ist Jennifer's Geburtstag?
MK ... (uhm) 15. .... 12. ...19 hundert  (eisiger Blick Jennifers, Vernunft kaempft gegen Dummheit... MK will 70 sagen, darf aber keinen Scherz machen... 80. (Gerade noch gut gegangen)
J: (denkt sich - jetzt der Idiot es tatsaechlich fast versaut)

R: Jennifer, wie haben sie sich kennengelernt?
Also..bla bla...- die 20min Zusammenfassung sparen wir uns, die Geschichte kennen die meisten- und das war auch schon de letzte Frage.
.
R: Gut das wars, klingt alles gut, herzlich willkommen. Sie bekommen Ihre Karte innerhalb von 2 Wochen postalisch zugestellt.

MK(denkt sich) Ist das alles? Willst du mich verarschen? Ich will mein Geld zurueck... die bloeden Papiere und den Sack voll Dokumente will keiner sehen. Grossartig, Hauptsache nicht geschlafen deswegen und jetzt zurueck auf Arbeit...)
MK (sagt): Danke, das war sehr nett.
J: freut sich und strahlt.


So schnell kann's gehen und nun sitz ich hier und frage mich - musste das sein?
Vielleicht.
Wissen kann man das immer erst nachher. Aber ich hoffe der Bloedsinn bleibt kommenden Generationen erspart - wenn ich an die Tage, Woche und Monate denke in denen man sich den Kopf zerbrochen hat ob ein Staat einem eine Beziehunge erlauben und/oder verbieten kann (oder darf) schuettelt man schon mit dem Kopf und aergert sich ueber die grauen Haare die einem in einer intelligenteren Gesellschaft wohl nicht haetten wachsen muessen.
Aber beklagen wollte ich mich nicht - immehin haben wir jetzt zumdindest vorrebergehend ein wenig Bewegungsfreiheit gewonnen und koenne ohne Visaangst zwischen 2 Laendern hin- und herfliegen. Damit sind wir dem 21. Jahrhundert schon mal einen halben Schritt naeher gekommen.

Im uebrigen hab ich das begehrte Kaertchen jetzt auch schon bekommen, davor gabs noch mal einen Brief vom Amt, "Wir freuen uns Sie ... begruessen zu duerfen...Freiheit...Amerika...bla bla"
Ein wenig Hohn ist da schon dabei und die Freiheitsstatue, sollte, wenn sie sich den ganzen Bloedsinn mal richtig anschaut spaetestens jetzt zurueck nach Paris gehen und ihre Schwester besuchen, die steht dort noch immer und wartet.


best,
-k

6 comments:

Anonymous said...

das du auf das ding aber irgendwie auch ein bisschen stolz bist hast du wieder mit keinem wort erwähnt...*haha*

p.s. ich hätte da bleiben sollen...hier isses total kalt...und die sprache behersch ich auch irgendwie nichtmehr richtig...und unfreundlich sind die menschen man glaub es garne...da is man noch nichtmal aus dem flugzeug raus und schon kommt einem wieder einer dumm, und haut einem einfach nen koffer auf den fuß und da is nix mit 'excause me'...

p.p.s. (für jen) --> im flugzeug saß ein gary hinter mir ^^

Anonymous said...

Hab dein Zimmer mal aufgeraeumt, kannst du jederzeit wieder einziehen. Kuehlschrank wurde auch entruempelt da ist die Ordnung wieder hergestellt...

Anonymous said...

Tja eigentlich sollte ich ja nicht schon wieder kritisieren, aber war das Interview nicht am 17.8., am 19. ist doch der Besuch aus DD angereist?! Ansonsten hast du wohl ziemlich bagatellisiert und um den lockeren Stil hinzukriegeneben wie immer, na du weißt schon... Ach übrigens zu comment 2 wer hat dein Zimmer aufgeräumt, hast du ne Bleibe von der wir nix wissen...

kuli said...

Schon verbessert, in der Tat das Interview war am 17.

Anonymous said...

sei wenigstens stolz auf das begehrte Kärtchen; du wolltest es ja unbedingt so haben! Nein im Ernst, wir gratulieren dazu. Übrigens, wie war die Abschiedsparty am 2.9.10? Hoffentlich können wir hier auch mal eine Wiedersehensparty mit Euch feiern!

Anonymous said...

glückwunsch.

der herr hat sich wieder selbst übertroffen. sehr unterhaltsam geschrieben.

VG
Andre